Erzählung: Auf Schatzsuche bei den Weltreligionen

Beispiel aus der Praxis:
Eine »kosmische Erzählung« mit allen Sinnen – Erzählvorschlag von Stefan Mendling

Alle sind miteinander verbunden, alle haben die selben Fragen. Foto: Mendling

Dies ist keine Godly Play-Geschichte. Aber sie wird genau so erzählt – und fühlt sich genau so an. Dieser Erzählvorschlag wurde konzipiert als »kosmische Erzählung« für eine Montessori-Schule. Dabei sollen Schülerinnen und Schüler der ersten bis sechsten Lernstufe in Berührung mit den fünf Weltreligionen kommen. Sie erleben bei der Erzählung, was die Religionen ausmacht, wie sie zusammenhängen und was sie miteinander verbindet.

Religionen kreativ erleben an fünf Stationen

In der »Kreativphase« erkunden die Schülerinnen und Schüler die Weltreligionen an fünf Erlebnisorten – mit viel Material zum Anfassen, Ausprobieren und Experimentieren. An jeder Station gibt es außerdem eine Hörspielbox. Hier erzählen Kinder von ihrem Glauben. Der rote Faden in dieser Erzählung und der anschließenden Kreativphase ist der wertschätzende Blick auf die Religionen: Kinder gehen auf »Schatzsuche«, wobei Fragen manchmal die größten Schätze sind. An jedem Erlebnisort steht darum eine Schatztruhe. Hier können die Kinder aufschreiben, was sie interessant, was sie wertvoll oder merkwürdig finden, und was sie sich fragen.

Wie schmecken Ostern, Pessach und Ramadan?

Nach der »Kreativphase« kommen die Kinder nocheinmal im Kreis zusammen. In ihrer Mitte liegen ein Sederteller, ein Höhlengrab (Material aus der Godly Play-Geschichte zu Ostern), ein Körbchen mit bunten Eiern und einem Schokoladenhasen und ein Ramadan-Kalender. Doch zuerst frage ich die Kinder, was ihnen das Liebste war – in der Erzählung oder an den Erlebnisorten. Dann frage ich, was wohl das Wichtigste sein könnte – in den Augen der Kinder. »Und ich frage mich, was ihr euch noch fragt… « Hier ist Raum für alle Fragen; sie müssen nicht unbedingt gleich beantwortet werden. Alle Fragen werden wertgeschätzt – denn Fragen sind wertvoll wie ein Schatz. Immer fragen Kinder irgendwann auch nach dem, was in der Mitte liegt. Dann werden im Gespräch miteinander die Feste Pessach, Ostern und Ramadan erklärt. Am Ende können die Schülerinnen und Schüler auch etwas davon schmecken: Sie dürfen sich eine Süßigkeit aus dem Ramadan-Kalender nehmen oder ein Osterei oder ein Stück Matzen. Wer will, kann auch ein Radieschen, Chicorée probieren oder vom Charosset kosten…

Kinder wollen mehr wissen

Der Sand, das Anfassen, Experimentieren und Erkunden – und das Schmecken an Ende (analog zum »Fest«) ermöglichen Kindern, mit allen Sinnen Religion zu erleben. Die Fragen, die in den Schatztruhen gesammelt wurden, signalisieren: Die Kinder wollen mehr wissen! Oft sind es persönliche Fragen (Was passiert nach dem Tod? Woher weiß man, dass es Gott gibt?) Mit diesen Fragen können wir beim nächsten Mal wieder auf Schatzsuche gehen – denn diese dauert ein Leben lang!

Auf Schatzsuche bei den Weltreligionen – mit XL-Figuren. Fotos: Mendling

So kann’s gehen: Was der Sand erzählt

Impressionen aus der Praxis

»Heute zum ersten Mal den Wüstensack dabei bei den Kleinen. In der Schule. Leider sind wir über die Wüstenszene nicht hinausgekommen. Die Hände mussten in den Sand immer wieder. Ging nicht anders. Dann erzähle ich die Geschichte eben erst am Donnerstag.«

Sandra
Die Hände müssen in den Sand. Foto: Stolz-Kipper

»Der Sand hat für Kinder etwas Magisches: Sie lassen den Sand durch die Finger rieseln, malen in den Sand, sie vergraben Figuren, finden sie wieder – und tauchen beim Spielen ganz ein – als würde ihnen der Sand etwas erzählen… und sie dem Sand. Darum erzähle ich so gerne mit dem Wüstensack; denn mir geht es genau so! Der Sand inspiriert mich, eigene Geschichten darin zu (er)finden. So ist die Erzählung „Schatzsuche bei den Weltreligionen“ entstanden.«

Stefan

Kinder tauchen ein: Der Sand erzählt Geschichten. Foto: Mendling

Zertifizierter Erzählkurs 2024

5-tägiger Kurs im RPZ Bolanden vom 8. bis 12.5.2024

Ihr wollt eure praktischen und theoretischen Kenntnisse dieses religionspädagogischen Konzeptes weiterentwickeln und dazu eine Ausbildung zum Godly Play Erzähler bzw. zur Godly Play Erzählerin machen? Der Erzählkurs wird in Kooperation der Religionspädagogischen Zentren Kirchheimbolanden und Kaiserslautern und der Godly Play Regionalgruppe Pfalz durchgeführt.

Es fällt eine Teilnehmergebühr an. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Der vorherige Besuch eines Godly Play/ Gott im Spiel Einführungstages ist erforderlich.

Beginn: Mittwoch, 8. Mai, 16.00 Uhr
Ende: Sonntag, 12. Mai, 13.00 Uhr

Referentinnen: Madeleine Leitz und Ruth Magsig, GodlyPlay Fortbildnerinnen

Veranstalter: RPZ Kirchheimbolanden und Godly Play Regionalgruppe Pfalz

Ort:
Religionspädagogisches Zentrum Kirchheimbolanden
der Evangelischen Kirche der Pfalz
An der Aula 3
67295 Bolanden

Übernachtung: in Eigenregie und auf eigene Kosten

Verpflegung: Mittagessen (auf eigene Kosten) wird organisiert;  
Abendessen im RPZ als Mitbringbuffett

Anmeldung:
https://evewa.bildung-rp.de/veranstaltungskatalog
Freitextsuche: 24EA990003

Informationen, Fragen, Organisatorisches:
Rel.päd. Zentrum Kirchheimbolanden, Tel. 06352/5442

Stellt euch mal vor! Die Pfalz in sechs Sätzen

In der Pfalz gibt es viele neue Gesichter. Darum stellen sich die Pfälzerinnen und Pfälzer hier kurz vor und verraten euch mit je einem Satz, was Godly Play für sie ist:

„Godly Play ist für mich…“ Die Pfälzer Regionalgruppe in sechs Sätzen. Grafik: Mendling

Nadine Glage ist Godly Play-Erzählerin und leitet das RPZ (Religionspädagogisches Zentrum) in Kaiserslautern:
„Godly Play ist für mich ein großes Abenteuer!“

Gudrun Reller ist Godly Play-Erzählerin und leitet das RPZ in Kirchheimbolanden:
„Godly Play ist für mich eine wundervolle Art, biblische Geschichten und Gleichnisse zu erleben und erleben zu lassen.“

Sandra Stolz-Kipper leitet das RPZ in Kusel:
„Godly Play ist für mich wie eine Reise: Ich betrete den Raum, sehe und höre eine biblische Erzählung, tauche ein, mache mich auf den Weg, lasse mich mitnehmen, tragen, komme an – bei mir und meiner Geschichte.“

Brigitte Beil ist Godly Play-Erzählerin:
„Godly Play ist für mich wie ein Lagerfeuer, an dem sich Menschen treffen und einander begegnen -wo ein Feuer brennt, das niemals erlischt – wo Gott uns begegnet – wie bei Mose im Dornbusch.“

Ruth Magsig ist Godly Play-Fortbildnerin:
„Godly Play ist für mich wie ein großer Garten – zu jeder (Lebens-)Jahreszeit beschenkt er Menschen aufs Neue mit etwas, das nährt, bezaubert, überrascht, birgt, beflügelt, beheimatet und herausfordert.“

Stefan Mendling ist Pfarrer für Gottesdienste mit Kindern und Familien und Godly Play-Erzähler:
„Godly Play ist für mich faszinierend: wie liebevoll, humorvoll und würdevoll Menschen jeden Alters Geschichten von Gott erleben.“

Werkstatt: Ein Gleichnis hilft dem anderen

Was passiert, wenn Gleichnisse miteinander kombiniert werden? Bericht über eine Godly Play-Werkstatt

„So wertvoll wie Gold – manche sagen sogar: wertvoller als Gold!“ Ja, Gleichnisse sind wertvoll, geheimnisvoll und herausfordernd. Wer Godly Play ein bisschen kennt, der weiß, was in Gleichnissen alles stecken kann. Vor allem soll aber bei Godly Play alles, was wir schon über das Gleichnis zu wissen glauben, in Frage gestellt werden. Denn erst dann kann ich mich neu auf das Gleichnis einlassen. Das haben wir in der Godly Play-Werkstatt in Landstuhl am 21. April mit Ruth Magsig erprobt: Sie hat zunächst das Gleichnis „Vom barmherzigen Vater und seinen beiden Söhnen“ erzählt und mit der Gruppe ergründet.

„Ob uns ein anderes Gleichnis dabei hilft, tiefer in dieses Gleichnis hineinzukommen?“ Foto: Mendling
Die Freiheit, ein Gleichnis ganz anders zu verstehen

Die meisten Menschen kennen dieses Gleichnis wohl schon aus ihren Kindertagen – meist unter dem Namen „Der verlorene Sohn“. Doch dieser Titel allein interpretiert das Gleichnis bereits und gibt vor, wie ich es verstehen soll. Die meisten werden wahrscheinlich auch die gängige Deutung verinnerlicht haben, dass der Vater für Gott stehe, der „verlorene Sohn“ für den sündigen Menschen etc. Das führt leider immer wieder dazu, dass ich denke: Das Gleichnis hat mir nichts Neues zu sagen. Godly Play möchte mir die Freiheit zurückgeben, das Gleichnis auch mal ganz anders zu verstehen, neue Ebenen zu entdecken, mit neuen Deutungen zu experimentieren. Darum fordert uns Ruth heraus:

„Jedes gute Gleichnis zieht ein neues nach sich!“ Ruth Magsig kombiniert zwei Geschichten. Foto: Mendling

„Ich frage mich, ob uns ein anderes Gleichnis dabei hilft, noch tiefer in dieses Gleichnis einzutauchen?“ Sie holt eine weitere goldene Schachtel dazu. „Dies ist das Gleichnis von der kostbaren Perle“, beginnt sie die zweite Erzählung und lädt die Gruppe ein, nochmal mit ihr abzutauchen. Diesmal sieht die Ergründungsphase anders aus: „Nun frage ich mich, was wir aus diesem Gleichnis nehmen und in das andere Gleichnis legen könnten?“ Ein spannender Gedanke, der das Gleichnis vom barmherzigen Vater in einem anderen Licht erscheinen lässt: Ist der Sohn, der zurückgekehrt ist, für den Vater vielleicht die kostbare Perle? Oder ist der Vater diese Perle? Was passiert, wenn der Mann mit der Perle mit den beiden Söhnen zusammen am Tisch sitzt und sie sich darüber unterhalten, was im Leben wirklich wichtig ist? Diese und mehr faszinierende Fragen kommen, sobald diese Gleichnisse miteinander kombiniert werden. Ein neues Bild entsteht – im wahrsten Sinne, denn von dem einen Gleichnis wandern Teile in das andere und umgekehrt. „Jedes gute Gleichnis zieht ein neues nach sich!“, ist Ruth Magsig überzeugt. Und tatsächlich wird mir durch das Hin und Her, das Vergleichen und Kombinieren der beiden Geschichten etwas schwindelig. Genau das sei beabsichtigt, erklärt Ruth bei der Reflexionsrunde am Ende, „damit ich im Kopf loslasse, was ich bisher über die Gleichnisse gedacht habe.“

Faszinierende Möglichkeit für erfahrene Godly Play-Gruppen

Das stimmt: Durch das Kombinieren der Gleichnisse ist viel in meinem Kopf passiert, einiges durcheinander geraten und manches neu entstanden. Diese Art, ein Gleichnis mit einem anderen zu ergründen, ist für erfahrene Godly Play-Erzählerinnen und -Erzähler eine geniale Möglichkeit, mit einer ebenfalls erfahrenen Godly Play-Gruppe tiefer einzusteigen. Hier wird auf faszinierende Weise erlebt, dass Gleichnisse wirklich ein Schatz sind, der unendlich viel in sich birgt – und damit ganz klar wertvoller ist als Gold.

Video: Jesus segnet die Kinder

„Seht, wie nahe ich den Kindern bin!“ Eine Godly Play-Einheit mit Uwe Schutte im Religionspädagogischen Zentrum Bolanden

Es war Sommer, es war heiß. 2021 haben wir diese Godly Play-Session in Bolanden aufgezeichnet. Die Kinder kannten Godly Play noch nicht bzw. noch nicht wirklich gut. Das fordert den Godly Play-Erzähler manchmal besonders heraus. Dies ist auch in dem Video spürbar. Vor allem die Gesten sind in hier sehr wirkungsvoll. Jede Erzählerin, jeder Erzähler verleiht der Geschichte ihren eigenen Ausdruck. Gefühle fließen ins Spiel mit ein. Gerade die Kindersegnung ist eine gute Geschichte, um damit eigene Erfahrungen zu machen.

PS. Das Video zeigt, wie Uwe Schutte diese Geschichte mit seinem Ausdruck, in diesem Raum, in diesem Kontext, mit dieser Gruppe erzählt und spielt. Es kann eine Anregung sein für die eigene Darbietung und will dazu einladen, eigene Beobachtungen zu sammeln und evtl. zu analysieren.

Herzlich willkommen!

Wir sind die „Regionalgruppe Pfalz“ und mit Herz und Seele mit Godly Play verbunden. Wir bieten Fortbildungen und Workshops an, halten euch auf dem Laufenden (mit diesem Newsletter) und pflegen das Godly Play-Netzwerk in der Pfalz. Und wir freuen uns darauf, euch zum Beispiel bei einem Einführungstag oder Schnuppervormittag zu sehen! Euer Godly Play-Team

von links: Gudrun Reller, Sandra Stolz, Ruth Magsig, Nadine Glage, Brigitte Beil, Stefan Mendling. Foto: Mendling